DRUM PRÜFET, WER SICH BINDET ODER WER WELPENSPIELGRUPPEN ODER WELPENPRÄGE-TAGE BESUCHEN MÖCHTE
von Claudia Hauer
Viele Menschen, die sich in unserem Tierschutzverein für einen Hund bewerben und im Fragebogen auf die Frage stoßen „Wollen Sie mit Ihrem Hund eine Hundeschule besuchen“, kreuzen in Erwartung, dass wir diesen Umstand ganz sicher begrüßen werden, freudig ein „Ja, natürlich“ an. In früheren Zeiten hätten wir uns über diese Aussage ganz sicher gefreut. Früher glaubten wir noch uneingeschränkt an die Qualität und die Kompetenz von Hundetraining und Hundetrainer. Ja früher leuchteten unsere Augen, wenn wir hörten, der neue Hundehalter würde sich in fachkundige Begleitung und Führung begeben. Er stünde nicht alleine da, mit den Sorgen und Nöten und vor allem nicht mit seinen vielen Fragen über die „Terra incognita“ Hundehaltung und -erziehung. Es geht schon los beim ersten Einkauf: Halsband oder Brustgeschirr? Flexi oder Lederleine? Kurz oder lang? Schellen oder Halti? Ist der frischgebackene Hundehalter dann erst mal in die Gassi-Runden seiner Umgebung integriert, so führt sich dies fort: Klapps oder Klicker? Alphawurf oder Schnauzgriff? Wattebäusche oder Ignorieren?
Die Zeiten ändern sich und immer mehr Fachleute, Hundetrainer und Tierschützer haben Welpenspielgruppen und so genannte „Prägetage“ genauestens unter die Lupe genommen. Ein Großteil der Leute, zu denen auch ich gehöre, geben nunmehr den Rat: „Gehen Sie lieber nicht in Welpenspielgruppen!“. Warum das so ist, will ich Ihnen im Folgenden erklären.
Ich persönlich habe aus den vielen Jahren der Tierschutz- und Hundetrainingsarbeit lernen müssen, dass die Grundlagen für späteres Problemverhalten eines Hundes häufig bereits beim Besuch einer schlechten Welpenspielgruppe gelegt wurden. Die in typischen „Welpengruppen“ häufig anzutreffenden Massen-Ansammlungen von Welpen unterschiedlichster Couleur bilden leider einen optimalen Nährboden für ein künftiges Aggressionsverhalten des Welpen gegen Artgenossen.
Ich möchte Ihnen nachfolgend einige Anhaltspunkte dafür geben, ob Sie es mit einer gut geführten Welpenspielgruppe zu tun haben.
Wer mit Geilgeiz-Angeboten wie „Kommen Sie zu unseren kostenlosen Welpenspielgruppen“ lockt, hat deutlich besonders finanzielle Interessen im Sinn. Menschen neigen dazu, bei „kostenlos“ sofort zuzugreifen. Nicht immer ist dieser Charakterzug aber von Vorteil, auch nicht bei der Entwicklung eines Hundes, denn wenn viele Menschen das Lockangebot nicht hinterfragen, werden Sie mit Sicherheit vielen schnäppchenbegeisterten Welpenbesitzern auf dem Hundeplatz begegnen. Wo sich viele Welpen vereinen, sind auch viele Rassen, Größen und Altersgruppen vertreten. Da gibt es die rüpeligen 12-wöchigen Draufgänger-Schäferhunde genauso wie die schüchterne, kleine erst neun Wochen alte Mischlingshündin, die angesichts der Ansammlungen von Welpen am liebsten im Erdboden versinken würde.
Gleich zwei Irrtümern unterliegen wir Menschen an dieser Stelle: Hunde sind zwar keine Wölfe, aber dennoch hörte ich noch niemals, dass sich Welpen verschiedener Rudel, Rassen und Familien zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Tag verabredet hätten, um mal eben ein wenig miteinander zu spielen und in Kontakt zu treten. Diese „Welpentreffen“ kommen weder bei Wölfen noch bei verwilderten Haushunden vor, sondern ist das Produkt einer vom Menschen geschaffenen Idee, die damit begründet wird, die Welpen bräuchten das ja, um Sozialverhalten zu lernen.
Und damit kommen wir gleich zum zweiten Punkt. Was soll unsere kleine, zarte neun Wochen alte schüchterne Mischlingshündin lernen, wenn sie permanent vom 12-wöchigen- Draufgänger-Schäferhund gemobbt und bedrängt wird? Richtig, folgen Sie nur mutig Ihrem Gedanken! Sie lernt in erster Linie, dass Schäferhunde zumeist Draufgänger sind und sich blöde und rüpelig verhalten und dass es besser ist, sie sich vom Leibe zu halten. Kommt dann noch die Jungspund-Labradorwalze hinzu oder der frühreife Mischlingspfiffi „Rammelmeier“ von nebenan, generalisiert sich diese Einstellung zu „Artgenossen sind Mist“ in Nullkommanix. Noch kann sich unsere kleine, zarte neun Wochen alte Mischlingshündin nicht wehren, aber wartet, wenn sie groß ist! Schon bevor sie einen anderen Hund nur richtig sehen kann, wird sie giften und wüten, denn Angriff ist eben doch die beste Verteidigung.
Lassen Sie uns im nächsten Schritt einen Blick auf die Beziehungsebene von Frauchen und unserer kleinen, zarten und schüchternen Mischlingshündin werfen.
Während unser schneidiger „Draufgänger-Schäfi“ die Kleine mal so richtig unter seinen Körper begräbt und lernt, wie er andere Hunde eintütet, steht Frauchen steif und wie angewurzelt da und schaut mit hilflosem Blick zum einzigen Hundetrainer auf dem Platz. Der Hundetrainer erfasst glücklicherweise die Situation auf einen Blick („Frauchen braucht dringend Unterstützung!“) und brüllt über den Platz: „Lassen Sie mal! Das machen die unter sich aus! Das schadet denen nix.“
Frauchen unterdrückt also das beklemmende Gefühl in der Bauchgegend und lässt sich nicht beirren, auch dann nicht, als die kleine Zarte vergeblich Schutz hinter den Beinen ihres Frauchens sucht.
Welche Lektion hat unsere Kleine nun gründlich gelernt? - Zu Frauchen brauche ich gar nicht erst zu kommen, wenn es brenzlig wird, denn sie beschützt mich sowieso nicht. Ich bin völlig auf mich allein gestellt und muss diese Rüpeleien erstmal ertragen. Hilfe von meinen Menschen bekomme ich nicht. Es interessiert sie nicht, ob ich mich gerade sehr ängstige und mich nicht wehren kann.
Erwarten Sie nun, lieber Welpengruppen-Massenansammlungs-Teilnehmer ernstlich, dass der Hund, sobald er dem Baby- und Kleinkinderalter entwachsen ist, hört, wenn Sie ihn rufen oder er nicht aggressiv auf den Anblick von Draufgänger-Schäferhunden reagiert? Sie haben ihm doch systematisch und in vielen Welpenspielstunden beigebracht, eben kein Vertrauen zu Ihnen zu haben und die Sachen nach Möglichkeit alleine zu regeln?! Jetzt regelt er die Sache alleine und Sie sind immer noch nicht zufrieden?
Weitere Negativ-Elemente kommen häufig beim Besuch von Welpenspielgruppen hinzu:
Lassen Sie uns an dieser Stelle festhalten, was in den ersten Wochen und Monaten nach Ankunft eines Welpen grundlegend und wichtig ist:
Gute Welpenspielgruppen zeichnen sich nicht als einstündige „Jetzt geht’s los und wir toben bis der Arzt kommt“- Veranstaltung aus, sondern werden sehr individuell unter Berücksichtigung der Charaktere der Welpen geführt. Es sollte auch Phasen des Ausruhens berücksichtigt werden, auch wenn Sie noch so froh wären, wenn der Welpe nach dem Besuch der Welpengruppe zunächst mal für mehrere Stunden bei Ihnen zu Hause besinnungslos ins Koma fällt.
Gute Welpengruppen richten sich in erster Linie an Sie als Hundehalter. Vielfältige Fachinformationen zu allgemeinen Hundethemen wie gesetzliche Vorgaben zur Hundehaltung, richtige Auslastung eines Hundes in all seinen verschiedenen Schwerpunkten, Stubenreinheit und Beisshemmung, Stress bei Hunden etc. sollten Sie mit nach Hause nehmen.
Nach all diesen Ausführungen dürfte es künftig für Sie einfach sein, Welpenspielgruppen nach Ihrer Qualität und ihrer Sinnhaftigkeit für Sie und Ihr Tier zu beurteilen.
Welpenspielgruppen sind häufig ein allzu gutes „Kundenfangmittel“ a la‘ „Ist der Hundehalter mit seinem Hund erst mal auf dem Platz, sorge ich dafür, dass er ewiglich bleibt und löhnt.“ Und richtig, genauso ist es auch, denn teure Einzeltrainingsstunden zur Behebung von Problemverhalten sind oftmals vorprogrammiert. Wie schön, das sichert die eigene Existenz und darum geht es doch oder für Sie doch eher nicht?
Claudia Hauer
PS: Und noch ein Tipp: Nicht überall, wo "gold", "preisgünstig", "Tierschutz" oder "Gewaltfrei" drauf steht, ist selbiges auch drin. Es ist eben das wahre Leben und jeder outet sich durch das, was er tut. Also lassen Sie sich nicht täuschen und prüfen Sie genau, wenn Sie sich binden.
(Quelle: www.sos-strassenhunde.ch)